Samstag, 4. Mai 2013

Griechische Insel zu verkaufen

Griechenland macht nun endlich ernst mit der seit 2011 von der Troika geforderten, der Regierung jedoch nur zögerlich begonnenen Privatisierung. Als erstes Unternehmen wurde Anfang Mai ein "Kronjuwel" privatisiert, der staatliche Lotterie- und Wettveranstalter Opap. 33 Prozent gingen auf das tschechisch-griechische Konsortium Emma Delta über, an dem der griechische Reeder Giorgios Melissanides zu einem Drittel beteiligt ist. Emma Delta zahlte dem griechischen Staat inklusive Dividende 712 Millionen Euro. Die Privatisierung des nationalen Gasversorgers Depa, die Anfang Juni abgeschlossen sein sollte, ist geplatzt. Der einzige Interessent, die russische Gazprom, hat kein verbindliches Gebot abgegeben. Bis zum Jahr 2015 wollte Griechenland elf Milliarden Euro aus der Veräusserung von Staatsvermögen erlösen, die zur Schuldentilgung eingesetzt werden müssen. Dieses Ziel dürfte wohl nicht mehr zu erreichen sein. 2011 hatte man noch mit erheblich höheren Einnahmen, mit 50 Milliarden Euro, gerechnet.

Da der Verkauf aus dem im Privatisierungsprogramm vorgesehenen Staatsbesitz bei weitem nicht die erwarteten Erträge bringt - manche Firmen, z.B. die griechische Eisenbahn, sind so marode, dass jeder Investor von vornherein abwinkt -, hat die griechische Regierung jetzt auch die Inseln ins Visier genommen. Sie erwägt zwar nicht deren Verkauf, das lässt die derzeitige Gesetzeslage nicht zu und das ist auch nicht gewollt, zieht aber die langjährige Verpachtung unbewohnter Inseln in Betracht, die für die Entwicklung touristischer Projekte geeignet erscheinen. Allerdings sind diese Pläne, so beschloss es das Parlament im Februar 2013, vor ihrer Ausführung dem Verteidigungsministerium und dem Ministerium für öffentliche Sicherheit zur Prüfung vorzulegen. Die Pachtdauer soll 30 bis 50 Jahre betragen.

Griechenland hat über 2000 Inseln und Inselchen, sie machen ein Fünftel der Landesfläche aus. Rund 180 Inseln sind bewohnt, etwa 500 befinden sich in Privatbesitz. Inzwischen sind 60-70 kleine Privatinseln auf dem Markt. Die neu eingeführte Immobilienabgabe und die höhere Grundsteuer zwingen auch wohlhabende Eigentümer, sich von ihrem Grundstück, ihrer Villa oder Insel zu trennen. In diesen Zeiten sind selbst die Superreichen gezwungen, auf ihre Budgets zu achten. Da aber die meisten Inseln aus unterschiedlichen Gründen nicht bebaut werden können, etwa weil sie unter Naturschutz stehen, archäologische Stätten oder militärisches Gebiet sind und ähnliches mehr, finden sie nur schwer Käufer. Somit reduziert sich das Angebot, das Investoren anlocken könnte, auf rund ein Dutzend.

Eine davon ist die vier Quadratkilometer grosse Felseninsel Patroklos nahe Kap Sounion, auf dem der berühmte Poseidontempel steht. Sie soll 150 Millionen Euro kosten. Zum Verkauf steht auch das kreisrunde Inselchen Agios Athanasios im Golf von Korinth, das mit nur 1,6 Millionen Euro ziemlich preiswert erscheint. Sie wird als "Privatinsel mit altem Baumbestand (Oliven- und Feigenbäume) sowie kleinem Strand (ca. 300 qm)" angeboten. "Die Gesamtfläche beträgt 11 000qm - nicht eingeschlossen die offizielle Küstenlinie. 8500 qm haben den Grünen Stempel, d.h. sie sind vom Landwirtschaftsministerium zur Bebauung freigegeben." Im Angebot ist auch eine zur Diapori-Gruppe gehörende Insel im Argosaronischen Golf, die schnell von Piräus aus zu erreichen ist, ein Inselchen in der Südägäis bei Amorgos sowie drei kleine Eilande im Ionischen Meer nahe Korfu.

Im Ionischen Meer hat auch der Emir von Katar zugeschlagen. Er kaufte im Frühjahr 2012 sechs unbewohnte Inselchen, die schon von antiken Autoren erwähnten Echinades. Sie liegen direkt vor dem Festland nahe Ithaka, der mythischen Heimat des Odysseus. Für die kleine Gruppe soll er 8,5 Millionen Euro bezahlt haben. Angeblich war der Makler heilfroh, die Inseln los geworden zu sein, weil sie schon 40 Jahre am Markt waren. Dass die Käufer nicht Schlange stehen, hat nichts mit der Qualität oder Beschaffenheit der Inseln zu tun, sondern mit den starren bürokratischen Hürden, die jeden gutwilligen Investor abschrecken. Den Käufer erwartet oft eine langjährige Odyssee durch verschiedene Ministerien und Behörden, um die notwendigen Papiere zu erlangen. Selbst dem Emir machen die rigiden Bauvorschriften zu schaffen. Die Villen, die er für seine umfangreiche Familie - drei Ehefrauen und 24 Kinder - bauen möchte, dürfen nicht grösser als 250 qm sein. So gross sei daheim allein schon sein Bad, liess er wissen. Und Ioannis Kassianos, der griechisch-amerikanische Bürgermeister von Ithaka, zu dem die Echinades verwaltungsmässig gehören, sagte der Europe News am 5. März: "Auch wenn man eine Insel kauft, sogar als Emir von Katar, dauert es eineinhalb Jahre, bis der Papierkram durchgestanden ist."  Offiziell ist der Emir noch immer nicht der Besitzer. (Kleine Anmerkung am Rande: Kassianos, Bauunternehmer und Multimillionär, wurde 2013 wegen Steuerhinterziehung und Korruption als Bürgermeister abgesetzt.)

Der Griechenlandliebhaber kann beruhigt sein: Einen Ausverkauf der Inseln wird es nicht geben. Da sei die Bürokratie vor.





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