Anfang Mai fuhren wir für eine Woche auf die Chalkidike in das Hotel Likithos nahe Neos Marmaras. Wir, das sind eine Drei-Generationen-Familie: Grosseltern, Eltern und die beiden Kinder, Paulina, knapp vier Jahre und Poppy, acht Monate alt. Wir wollten weg aus dem kalten Berlin, irgendwohin, wo die Sonne scheint und der Himmel blau ist, kurzum, wir suchten Sonne, Strand und Meer. Und Wärme. Ausserdem musste es ein Ort sein, an dem sich die Kinder nicht langweilen und die Erwachsenen Spass, Entspannung und endlich etwas Ruhe finden würden. Und natürlich sollte dieser Sehnsuchtsplatz nicht zu weit weg sein, länger als rund zwei Stunden wollten wir mit den Kindern nicht im Flugzeug sitzen.
Bei unserem Studium der Möglichkeiten stiessen wir auf ein verheissungsvolles Angebot, dass uns all dies zu versprechen schien. Wir entdeckten die Vamos-Eltern-Kind-Reisen, einen deutschen Spezialisten für Familienreisen. Vamos hat meist kleinere, von den Besitzern persönlich geführte Hotels mit Charakter in schönen naturnahen Regionen im Programm, davon sechs solcher Anlagen in Griechenland. Wir entschieden uns für das Hotel Likithos auf der Sithonia, dem mittleren, dicht bewaldeten und leicht bergigen Finger der Halbinsel Chalkidike. Um es vorweg zu sagen: Die Woche war perfekt.
Wir kamen nach Einbruch der Dunkelheit an, willkommen geheissen von Grigorios Theocharis, dem Eigentümer der Anlage, den alle nur Grigorios nennen und der ein akzentfreies Deutsch spricht. Er hat einige Jahre in Deutschland verbracht, wo er auch seine Frau Marina kennenlernte, die in Sarti auf der anderen Küstenseite die Villa Kalypso leitet, ebenfalls ein Vamos-Familienhotel. Grigorios ist die Seele des Ganzen, er ist immer präsent, gibt Ratschläge und Empfehlungen oder diskutiert mit Eltern (und Grosseltern) kenntnisreich und mit vielem Insiderwissen die gegenwärtige, weiterhin miserable Situation in Hellas.
Am nächsten Morgen sehen wir, was wir in der Dämmerung nur ahnten: das Blau und Weiss Griechenlands, den Himmel und unter uns das im Sonnenlicht glitzernde Meer, dazu ein Grün in sämtlichen Schattierungen, das satte Dunkel der Zypressen und Eukalyptusbäume, das hellere der dichten Pinienwälder und Zitronenplantagen und das silbrige Grün der Olivenhaine. Um 10 Uhr, nach dem reichlichen Buffetfrühstück, eilen die Kinder in den Kinderclub, in dem sie malen, basteln und Lieder einstudieren, auf kleine Wanderungen an den Strand oder auf Schatzsuche gehen, kurz, alles das tun, was Kinder glücklich macht. Jetzt haben die Eltern ein paar Stunden Zeit für sich, um in Ruhe ein Buch ein Buch zu lesen, hinunter in die beidseitig von Felsen eingerahmte Privatbucht zu steigen oder die Gegend zu erkunden.
Nachmittags, nach dem Mittagessen im Pool-Restaurant, wo wir täglich herrlich gegrillten Fisch und Salat essen, ist Hochbetrieb im Kinderbereich des riesigen Swimmingpools, dem Herzstück des Hotels; jetzt sind die Eltern wieder gefragt. Oder zumindest ein Elternteil, denn die Väter spielen nachmittags gewöhnlich Volleyball. Nebenan ist ein Spielplatz, auf dem die Mütter mit den kleineren Kindern schaukeln oder Ballspielen und Erfahrungen mit den anderen Müttern austauschen. Wir, die Grosseltern, gehen meist hinunter zum Strand, den wir fast immer ganz für uns alleine haben. Nach dem abendlichen Buffet, das sehr abwechselungsreich ist (trotzdem hält sich Paulina wie die meisten anderen Kinder an Pommes und Spaghetti), gibt es die Blaue Stunde, in der die beiden jungen Betreuerinnen, die die Zuneigung der Kinder schnell gewonnen haben, den Kleinen vorlesen. Es gab wohl kein Kind, dass die Blaue Stunde versäumte. Und um uns herum geniessen heitere Eltern bei einem Glas Naoussa-Wein und herrlichem Sonnenuntergang die freie Stunde.
Connie, die energische Leiterin des Vamos-Programms, sorgt dafür, dass auch den Erwachsenen einiges geboten wird. Sie organisiert Fahrten in die nahen Dörfer oder zusammen mit dem sportlichen Michi mehrstündige Bergbesteigungen. Auch wenn die Berge nicht hoch sind - wer je in Griechenland gewandert ist, weiss, wie beschwerlich das Laufen wegen oft fehlender Wege durch Disteln und Gestrüpp sein kann. Paulinas gut trainierter Opa, der jedes Jahr eine Woche in die Alpen geht, kommt jedenfalls nach fünf Stunden Wanderung zwar glücklich, aber doch recht erschöpft von der strapaziösen Tour zurück. Zweimal fahren wir alle in das wenig pittoreske, erst 1923 von Flüchtlingen aus Kleinasien gegründete Neos Marmaras, das aber einige hübsche Cafes und eine Handvoll guter Fischtavernen aufweist. Im Mytikas direkt am Strand lassen wir uns frische Meerbrassen und Barbounia schmecken, fahren mit der Fähre hinüber in die riesige Luxusanlage Porto Karras, die augenscheinlich ihre besten Tage hinter sich hat, und kaufen einige Flaschen Olivenöl für zu Hause. Schliesslich ist das griechische Olivenöl das beste der Welt.
Die sieben Tage sind schnell vorbei. Paulina schmerzt der Abschied von der besten Freundin Lara ein wenig, aber vielleicht sehen wir uns ja alle im nächsten Jahr wieder im Likithos-Hotel (oder in der Villa Kalypso in Sarti). Einige Familien sind schon zum zweitenmal hier. Wir haben hier jedenfalls einen unvergesslichen Familienurlaub verbracht.
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
AntwortenLöschenMit großem Vergnügen gelesen! (Und danach gleich ein wenig Sehnsucht bekommen)
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