Sonntag, 23. Dezember 2012

Apodiksi parakalo, eine Rechnung bitte

Es verging wohl kein Tag auf meiner fuenfwoechigen Reise von Athen auf die Kykladen, an dem ich nicht eine Rechnung nachfragen musste. Es begann beim Taxifahrer von meinem Athener Hotel nach Piraeus. "20 Euro" sagte er, obwohl der Tachometer nur 15 Euro anzeigte. Der Rest sei Hafen- und Kofferzuschlag. Alles rechtens. Auf meine Frage nach einer Quittung stellte er sich auf beide Ohren taub: "Ochi katalava", ich verstehe nicht. Da ich meine Faehre erreichen musste und die Schiffe in Piraeus immer auf die Minute puenktlich ablegen, hatte ich keine Zeit mehr fuer einen Disput. Also zahlte ich den verlangten Betrag - ohne Apodiksi.

Im Hotel auf meiner Lieblingsinsel Paros verstand mich zwar der Hotelier, bot mir aber Ermaessigung an, wenn ich bar in die Hand bezahlte. Immerhin 50 Euro. Ich widerstand dem grosszuegigen Angebot, was er gar nicht verstand. "Ich traue den Banken nicht" rechtfertigte er sein Verhalten. Diesen Satz hoerte ich oefter. Dasselbe Spiel wiederholte sich auf Naxos und Milos, und das nicht nur in den Hotels, sondern auch in manchen Cafes und Tavernen.

Auf Santorin erwartete mich Tassos, mein ausserordentlich freundlicher und hilfsbereiter Hotelier. "Wir lieben die Deutschen, sie sollen kommen" warb er fuer seine Insel. In seinem schwarzen Mercedes-Sechssitzer chauffierte er mich vom Hafen in sein Hotel und nach meinem achttaegigen Aufenthalt in seinem Privatauto, ebenfalls ein Mercedes, zum Flughafen. Kostenlos, alles Service. "Deutsche Autos sind die besten" schwaermte Tassos, "Besonders Mercedes und BMW." Tochter Daphni fahre ein BMW-Cabrio, persoenlich aus Bayern geholt.  

Wer wollte soviel Deutschenfreundlichkeit damit vergelten, eine Rechnung zu fordern? Ich gebe zu, ich musste mich ueberwinden. Aber ich tat es und Tassos war tief enttaeuscht von mir. Ich sah es an seinem vorwurfsvollen Blick. Aber erstens war ich neidisch auf Daphnis Cabrio und zweitens hatte ich gerechnet. Mit seinen 22 selbst in der Nachsaison - es war Oktober - voll belegten Zimmern nahm Tassos pro Monat circa 19 000 Euro ein, in der Hochsaison das Doppelte. Nicht gerechnet das Fruehstueck, die Getraenke und was sonst noch so den lieben langen Tag ueber den Tresen ging. Da duerfte noch ein erkleckliches Suemmchen hinzukommen. Und der Grossteil seiner Einnahmen blieb unversteuert. Daimler und BMW moegen davon profitieren, aber der (ungeliebte) Staat geht leer aus.

Die Selbstbedienungsmentalitaet ist noch immer in erschreckend hohem Ausmass vorhanden und wird selbst in der jetzigen ruinoesen Situation, in der sich das Land befindet, ungeniert betrieben. Tricksen und schummeln scheinen die, die es sich mangels funktionierender Kontrolle leisten koennen, naemlich die Selbststaendigen, fuer ihr gutes Recht zu halten.

Trotz allem: Die griechischen Inseln sind herrlich. Allerdings sollte jeder Hellas-Reisende "apodhiksi parakalo" in seinen Grund-Wortschatz aufnehmen.

2 Kommentare:

  1. Hallo Frau Burian,
    leider beschreiben Sie die Situation sehr treffend. Seit Anfang 2013 gibt es in Griechenland ein Gesetz, welches dem Kunden erlaubt ohne Bezahlung die Ware mitzunehmen, wenn er keine Quittung erhält. Soweit die Theorie! In der Praxis bekommen Besucher nur auf Nachfrage eine Quittung. "Apodixi parakalo" ist der sehr direkte Weg. Ich habe mir angewöhnt, dem Kellner o. Ä. zu sagen, dass mir ein Missgeschick passiert ist und meine Quittung vom Wind mitgenommen wurde, ob er/sie doch so nett wären mir eine neue auszustellen. Meistens grinst man sich dann gegenseitig an.
    Es gibt in Griechenland aber nicht nur Menschen, die große deutsche Autos fahren. Die Armut wird immer größer. Wir haben deshalb im Oktober 2013 unser Reisebüro "Apodixi - Griechenland sehen und helfen" gegründet. Wenn Sie Zeit und Lust haben, können Sie uns ja mal besuchen. www.apodixi.de
    Mit freundlichen Grüßen
    Konstantinos Holzer
    P.S. Drei Tage auf Paros und ich war in die Insel verliebt. Schon mal in Lefkes die "Portokalopita" (Orangenkuchen) auf der Platia probiert? :-)

    AntwortenLöschen
  2. Ich liebe Paros sehr, fahre seit Jahrzehnten dahin. Als ich jetzt im September und Oktober wieder auf den Inseln war, hab ich auch in manchen Laeden ein Schild gesehen, dass der Kaeufer nicht bezahlen muss, wenn er keine Quittung erhaelt. Ein wenig scheint sich das Bewusstsein geaendert zu haben. Und die Armut wird groesser, da stimme ich zu, vor allem in den Staedten. Ich werde www. apodixi.de auf jeden Fall anschauen. Viel Erfolg und beste Gruesse, Frauke Burian

    AntwortenLöschen